Deutschland verzeichnet im internationalen Vergleich eine außergewöhnlich hohe Anzahl
an Krankheitstagen. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) lag die Zahl der amtlich gemeldeten und bezahlten Krankheitstage
im Jahr 2022 bei 24,9 Tagen pro Jahr, womit Deutschland die höchste Fehlzeitenquote
aller OECD-Länder aufweist. Die Zahlen sind im Hinblick auf die unterschiedlichen
Länder zwar nur bedingt vergleichbar. Allerdings bezeugt auch ein Blick auf den
Anteil der durch Krankheit verlorenen Wochenarbeitszeit, dass dieser in Deutschland
mit 6,8 % überdurchschnittlich hoch ist.
Diese Zahlen zeigen klar, dass das deutsche System durch vollumfängliche
Lohnfortzahlung und weitreichende Absicherungen äußerst großzügig ausgestaltet ist.
Diese Großzügigkeit führt jedoch dazu, dass Fehlzeiten in Deutschland teilweise
signifikant höher ausfallen als in vielen anderen Ländern. Um Fehlanreize zu
reduzieren, die Arbeitsfähigkeit langfristig zu erhalten und gleichzeitig eine faire
Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schaffen, fordern wir eine gezielte Reform
der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Krankheitstage.
Wir Junge Liberale Oberpfalz schlagen daher die folgenden Maßnahmen vor:
1. Einführung steuer- und abgabenfreier Boni für niedrige Fehlzeiten
Arbeitnehmer, die keinen Krankheitstag in einem Monat verzeichnen, sollen vom
Arbeitgeber eine steuer- und sozialabgabenfreie Prämie erhalten können. Der jährliche
Freibetrag für diesen Bonus soll 3.000 € betragen.
Im Gegensatz zu Sanktionen wie Karenztagen, die Arbeitnehmer finanziell bestrafen,
setzt diese Maßnahme auf positive Anreize zur Senkung der Fehlzeiten. Gleichzeitig
verhindert sie, dass Arbeitnehmer krank zur Arbeit erscheinen, weil sie finanzielle
Einbußen fürchten.
2. Abschaffung der telefonischen Krankschreibung
Die Möglichkeit, sich ohne persönliche Untersuchung telefonisch krankzumelden,
erleichtert potentiellen Missbrauch. Zwar ist das deutsche System stark
arbeitnehmerfreundlich ausgelegt – was grundsätzlich positiv zu bewerten ist – doch
die telefonische Krankschreibung bietet zusätzliche Anreize für unrechtmäßige
Krankmeldungen. Eine persönliche Vorstellung beim Arzt sollte aus diesem Anlass der
Regelfall sein, um die Seriosität von Krankschreibungen zu gewährleisten.
3. Schärfere Sanktionen bei Krankheitsbetrug und ungerechtfertigten Fehlzeiten
Wer seinen Arbeitsplatz durch vorsätzlich begangenen und nachweisbaren
Krankheitsbetrug verliert, hat die Arbeitslosigkeit selbst verschuldet. Aus diesem
Grund schlagen wir vor, in derartigen Fällen eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld
I von bis zu 24 Wochen, also knapp 6 Monaten, einzuführen. Bislang liegt die
gesetzlich mögliche Höchstdauer bei 12 Wochen. Da ein solches Vergehen aber in jedem
Fall vermeidbar ist und ein großer wirtschaftlicher Schaden entstehen kann, halten
wir eine Verschärfung der Sanktionen für geboten. Entsprechend ist § 159 SGB III vom
Gesetzgeber anzupassen.
4. Mehr betriebsärztliche Kontrolle bei Langzeiterkrankungen
Nach einer bestimmten Krankheitsdauer (z. B. vier Wochen am Stück) soll der
Arbeitgeber eine zweite medizinische Einschätzung durch einen Betriebsarzt oder einen
von der Krankenkasse beauftragten Mediziner anordnen dürfen. Die Kosten hierfür trägt
dann auch der Arbeitgeber selbst.
Dies stellt sicher, dass Arbeitsunfähigkeit objektiv begründet bleibt und ermöglicht
eine gezielte Planung der Rückkehr an den Arbeitsplatz.
5. Stärkere Orientierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an der privaten
Krankenversicherung (PKV)
Wir bekennen uns an dieser Stelle nochmals klar zum dualen System aus gesetzlicher
und privater Krankenversicherung. Dennoch kann die GKV von der PKV noch einiges
lernen. Als sinnvolle Maßnahmen erachten wir hierbei:
- Einführung von Bonusprogrammen für gesetzlich Versicherte, die weniger
Leistungen in Anspruch nehmen. - Wer überdurchschnittlich viele Krankheitstage hat, soll einen leicht erhöhten
Zusatzbeitrag zahlen, um das Solidarsystem nicht einseitig zu belasten.
6. Förderung flexibler Wiedereinstiegsmöglichkeiten nach Krankheit
Die Hamburger Modell-Regelung zur schrittweisen Rückkehr nach längerer Krankheit
sollte hierbei als Maßstab dienen. Allerdings sind derzeit umfangreiche Abstimmungen
zwischen Arbeitgeber, Krankenkasse und Arzt erforderlich. Aus diesem Grund wollen wir
die bürokratischen Hürden im Prozess deutlich reduzieren:
- Vereinfachung: Automatische Genehmigung der Wiedereingliederung, wenn alle
notwendigen Parteien, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zustimmen, anstatt
aufwändiger Prüfprozesse durch die Krankenkasse. - Arbeitnehmer sollen nach Rücksprache mit dem Arzt Homeoffice oder reduzierte
Stunden nutzen können, ohne neue Verträge oder Sondergenehmigungen abschließen
zu müssen. - Digitale Lösung: Einführung eines einfachen digitalen Meldesystems, das eine
schnelle Abstimmung der Rückkehrpläne zwischen allen Beteiligten ermöglicht.
Das deutsche Krankheits- und Versicherungssystem bietet umfassende Absicherungen,
schafft aber auch Anreize für überdurchschnittlich hohe Fehlzeiten. Um das
Solidarsystem langfristig tragfähig zu halten, setzen wir auf eine Kombination aus
positiven Anreizen (Boni), strikteren Kontrollen und mehr Eigenverantwortung der
Versicherten.
Durch unsere Vorschläge bleibt die soziale Absicherung erhalten, aber gleichzeitig
soll die Zahl ungerechtfertigter Krankmeldungen gesenkt werden. Dadurch wird die
Arbeitswelt flexibler, gerechter und effizienter – zum Vorteil für Arbeitnehmer,
Arbeitgeber und die gesamte Gesellschaft.
Diese Reform ist ein Baustein, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, das
Wirtschaftswachstum anzukurbeln und unseren Wohlstand langfristig zu erhalten.